Letztes Wochenende fanden in München die Biodiversitätstage des LBV statt – zwei Tage waren dicht gefüllt mit Vorträgen aus Forschung und Praxis. Mein Bericht darüber erscheint demnächst in der Bayerischen Staatszeitung (unabh. Wochenzeitung). Hier im Blog greife ich einige Punkte heraus, die auch hinsichtlich des Eggartens interessant sind.
Zum Einstieg gab es einen Überblick über die Flora Münchens, außerdem über Wildbienen. Allein im Botanischen Garten sind 109 Wildbienenarten nachgewiesen. Das klingt gut, allerdings haben es Wildbienen in der Natur viel schwerer als Honigbienen: Sie können nicht so weite Strecken fliegen und sind teils auf einzelne bis wenige Pflanzenarten spezialisiert. Es gibt also keinen Grund, invasive Arten wie den Schmetterlingsflieder als „Bienenweiden“ zu idealisieren.
Aber auch heimische Sträucher und Bäume sind nicht überall wünschenswert, weil magere Wiesen und Heiden artenreich sind und erhalten bleiben sollen. Daher werden sie in München vom Gartenbaureferat und dem LBV gemäht, sonst würden sie teils verbuschen und manche Kräuter würden verschwinden. Das Mähgut muss außerdem entfernt werden, um enthaltene Nährstoffe zu entziehen. Naturnahe Flächen in der Stadt geraten aber auch durch Erholungssuchende und Hunde unter Druck: “Geschützte Flächen sind von Betonringen umgeben”, kritisierte der Biologe Dr. Andreas Fleischmann.
Der letzte Vortrag enthielt echte Systemkritik: Ökologie-Professor Wolfgang Weisser beanstandete, dass der Naturschutz erst angehört wird, wenn die Planungen für ein Neubaugebiet schon weit fortgeschritten sind. Biodiversität müsse rechtzeitig einbezogen werden, denn Architekten seien nicht für Grün zuständig.
Das lässt sich auch in der Chronologie der Planungen zum Eggarten nachvollziehen: Der erste Beschluss für eine Neubebauung ist aus dem Jahr 2019, ein weiterer vom März 2021, erst danach wurden die Naturschutzverbände angehört. Nach den Biodiversitätstagen hatte ich den Münchner LBV-Geschäftsführer Dr. Heinz Sedlmeier per Mail nach einer Erfolgsquote der Stellungnahmen zu hiesigen Bauvorhaben gefragt: „In der Tendenz ist die Quote sehr gering“, war seine Antwort. Einzelne Erfolge seien aber ein Anreiz, weiterzumachen. Seine Beispiele waren das Virginia-Depot im Münchner Norden und ein Stück Heide am Ackermannbogen.
Wenn Gutachter bei Kartierungen auf künftigen Neubaugebieten eine Tier- oder Pflanzenart finden, die deutlich gegen die bereits beschlossene Bebauung spricht, beantragen die Bauherren üblicherweise eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung bei der Unteren Naturschutzbehörde – das ist auch für den Eggarten zu erwarten. Aber diese Behörde ist letzten Endes dem Oberbürgermeister unterstellt, sodass hier viel vorstellbar ist, was nicht im Sinn der Biodiversität ist. So wird der Naturschutz mit viel Aufwand und Fachkompetenz quasi wegverwaltet. Weisser gab der Stadt ihre Verantwortung wieder zurück: Aus seiner Sicht sind die Kommunen selbst für ihre Biodiversität verantwortlich.