Messe der Münchner Bürgerinitiativen 2025

Messe der Münchner Bürgerinitiativen mit BI pro Eggarten und Martin Schreck

Bild: Bürgerinitiativen informieren, rechts Martin Schreck von der Bürgerinitiative pro Eggarten

Am 10. Januar trafen sich die Münchner Bürgerinitiativen im Bürgersaal Fürstenried, organisiert von Dr. Gisela Krupski (München-Liste) und Stefan Bürger (BI Fauststraße 90). Das Motto der Messe war diesmal „München, Grüne Stadt der Zukunft?“. Außerdem kündigten die Bürgerinitiativen einen sommerlichen Sternmarsch für mehr Baum- und Grünschutz an und luden zum Orgatreffen ein.

Bauvorhaben versus Bäume

Neben der Ausstellung gab es auch heuer wieder ein Programm mit sechs Kurzvorträgen aus Politik und Bürgerinitiativen. Der Eggarten war zwar kein Thema der Vorträge, aber Christian Hierneis vom Bund Naturschutz München kritisierte, dass bei der Planung von Neubaugebieten der Verkehr offenbar erst im Nachhinein betrachtet werde. Und diesen Eindruck bekommt man auch beim Bauvorhaben „Eggarten-Siedlung“ (Details im Artikel).

Hierneis wählte ein anderes Beispiel – die Bebauung der ehemaligen Bayernkaserne unter dem Namen „Neufreimann“: Dieses Neubaugebiet wird unter anderem durch die Tram Nord erschlossen. Da man für die Tram keine Autospur aufgeben wollte, fallen laut Hierneis 714 (!) Bäume der Tramlinie zum Opfer. Die vorgeschriebenen Ersatzpflanzungen sollen zum Teil außerhalb der Stadt ausgeführt werden, da geeignete Standorte in München ohnehin schon rar sind. Der Bund Naturschutz würde unter diesen Umständen Elektrobusse der Tram vorziehen.

Wert und Schutz von Stadtbäumen

Gisela Krupski ist Biologin und beschäftigt sich beim Bund Münchner Bürgerinitiativen (BMBI) mit dem Baumschutz. Sie wies darauf hin, dass eine 80-jährige Linde im Vergleich zu einem 20-jährigen Exemplar etwa die zehnfache Leistung für die Umwelt erbringt, was Verdunstung und Beschattung, aber auch Biomasseaufbau und CO2-Speicherung betrifft. Krupski präsentierte eine Grafik der TU München (Prof. Pauleit, Prof. Roetzer) über die Linde als Stadtbaum. Ersatzpflanzungen können also mehr oder weniger ausgewachsene Bäume nicht wirklich ersetzen. (Eigene Ergänzung: Der ökologische Wert alter heimischer Bäume für zahllose Insektenarten kommt noch hinzu.)

In der anschließenden Diskussion wies jemand vom Arbeitskreis Baum- und Gehölzschutz (siehe Website) des Bund Naturschutz München darauf hin, dass ein Straßenbaum gar nicht so alt wird wie ein Baum in der freien Natur (zu den Stressfaktoren gehören oft die Versiegelung der Umgebung und damit die schlechtere Wasserversorgung). Klaus Bäumler vom Münchner Forum erwähnte eine Neuerung aus der Kartographie: In den amtlichen Flurkarten des Landesamtes für Digitalisierung, Breitband und Vermessung werden demnächst auch Einzelbäume eingezeichnet. Im Internet sollen die Einzelbäume laut Landesamt sogar noch im ersten Quartal auf atlas.bayern.de eingearbeitet werden.

Planungsdesaster 2. Stammstrecke

Der Verkehrsplaner Thomas Kantke befasst sich seit vielen Jahren mit den Planungen zur zweiten S-Bahn-Stammstrecke. Er hatte schon 2023 in einer eigenen Veranstaltung der München-Liste zu diesem Thema ausführlich über die zahllosen Probleme berichtet.

Diesmal präsentierte er 12 populäre Irrtümer zum 2. S-Bahn-Tunnel, die auch im Internet abrufbar sind (PDF-Download). Sein Vortrag über das „totale Planungsdesaster“ und sein sarkastischer Humor kamen gut an. Den härtesten Gag steuerte ein Beamter der Deutschen Bahn in einem Gespräch mit Kantke bei: Hinweise auf erhebliche Schwachstellen beantwortete er laut Kantke damit, dass er längst in Pension sei, wenn der zweite Tunnel mit 30 Jahren Verspätung einmal fertig werde. (Laut Ex-Verkehrsminister Otto Wiesheu sollte er ja 2010 in Betrieb gehen …)

SEM Nord in Feldmoching

Dirk Höpner vom Bündnis München Nord widmete sich einem Vorhaben des Planungsreferats, zu dem es auf dieser Seite einen eigenen Artikel gibt – der „SEM Nord“ mit großen Neubaugebieten. Über die mittlerweile stattgefundene „Ideenwerkstatt“ zur SEM Nord berichtete Höpner, dass diese städtische Veranstaltung nicht von allen Anwesenden als echte Bürgerbeteiligung akzeptiert wurde: Jede teilnehmende Organisation hatte nur fünf Minuten Zeit für ihre Stellungnahme, eine verließ die „Ideenwerkstatt“ unter Protest. (Die SEM Nord betrifft den Eggarten übrigens nicht, das SEM-Planungsgebiet liegt weiter nordwestlich. Aber beide Gebiete liegen im Stadtbezirk Feldmoching und in der Nähe der dortigen drei Seen.)

Zwei weitere Vorträge der Veranstaltung befassten sich mit den Bodenpreisen (am Beispiel des Truderinger Ackers) und dem Münchner Grundwasser, das durch Baumaßnahmen im Untergrund unter Druck geraten kann: Beim Bau der Stammstrecke muss viel Wasser in die Isar abgeleitet werden und geht damit als relativ sauberes Süßwasser für immer verloren. Im Münchner Norden steigt der ohnehin schon hohe Grundwasserspiegel weiter an, wenn die Bebauung in den Untergrund vordringt – auch hier greifen viele Aspekte des Münchner Wachstums ineinander.

Parallelen zum Eggarten?

Eine weitere Nachlese zu den Vorträgen der BI-Messe gibt es beim Lokalanzeiger 24 aus Feldmoching. Im Abschnitt über Bodenpreise und Truderinger Acker schreibt die Kollegin: „Welcher Bodenpreis wird dem Verkauf wohl zugrunde gelegt? Dabei hatte der zuständige BA 14 schon 2014 die Stadt aufgefordert, das Ackerland zu kaufen. Die gleiche wundersame Geldvermehrung geschah übrigens beim ‚Langen Land‘, wo die CA Immo einen satten Gewinn einstreichen konnte, als sie 2023 das Areal, kaum Bauland geworden, an die Empira verkaufte.“

Seit dem Spätherbst kursieren im Stadtbezirk 24 (Feldmoching-Hasenbergl) Gerüchte, dass ein Teil des Eggartens verkauft worden sei. Auf der Website der CA Immo München ist das Projekt „Eggarten Siedlung“ seit Monaten aus dem Portfolio verschwunden (die letzte bei Archive.org gespeicherte Version stammt vom März 2024, siehe auch die dortige Übersicht).

Seit Spätherbst kursieren im Stadtbezirk 24 (Feldmoching-Hasenbergl) Gerüchte, ein Teil des Eggartens sei verkauft worden. Auf der Website der CA Immo München ist das Projekt „Eggarten Siedlung“ seit Monaten aus dem Portfolio verschwunden (die letzte auf Archive.org gespeicherte ist vom März 2024, siehe auch dort). Auch das letzte PR-Podium für das angestrebte „Modellquartier“ liegt schon zehn Monate zurück.

Hat die CA Immo den Eggarten einst billig gekauft, die Siedlung über viele Jahre verfallen lassen, die Genossenschaften ins Boot geholt, gemeinsam für eine Bebauung lobbyiert, mit Hilfe des Aufstellungsbeschlusses im Stadtrat eine massive Aufwertung der Bodenpreise erreicht (ganz grob geschätzt um den Faktor 500 bis 1000 höher) und am Ende wieder verkauft? Ich habe mich etwas umgehört, aber niemand wusste etwas Konkretes. Bei Privatverkäufen wird der Bezirksausschuss nicht informiert, auch nicht bei großen Flächen. Die CA Immo München hat meine Frage nach einem Verkauf nicht beantwortet.

Den Eggarten wieder abzustoßen, weil ein vergleichsweise kleines Neubaugebiet für einen Großinvestor mit dem Schwerpunkt Büroimmobilien nicht interessant genug ist und die massiven ökologischen Konflikte mit dem angestrebten grünen Image kollidieren, würde jedenfalls ins Bild passen: Am Kapitalmarkt kann man nicht nur Aktien der CA Immo kaufen, sondern auch „Green Bonds“ des Unternehmens. Manager der CA Immo sind schon mit dem Rennrad von Wien und Graz zur Münchner Immobilienmesse „Expo Real“ angereist.

Weitere Links und Lesetipps

In Sachen Eggarten beachten Sie bitte auch die 2025 veröffentlichte und laufend aktualisierte Chronologie der Planungen und Aktionen auf dieser Seite.

Einen interessanten Artikel über eine ähnliche Messe der Bürgerinitiativen im Vorjahr finden Sie in der SZ, zitiert und verlinkt beim Bürgerdialog.

Das diesjährige Motto war übrigens vom Forschungsprojekt Grüne Stadt der Zukunft inspiriert und mit einem Fragezeichen versehen, weil sich die Stadt München eher in die gegensätzliche Richtung bewegt – der Untertitel lautete „im Spannungsfeld von Verdichtung, Verkehrswende und Klimanotstand“.

Text und Foto: Irene Gronegger, Diplom-Geographin und freie Journalistin

Sprachliche Überarbeitung am 30. April 2025

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