Kaltluftbahnen und Klimanotstand

Der Eggarten liegt nicht nur in einer ökologisch bedeutenden Grünverbindung, sondern auch in einer Frischluftschneise oder Kaltluftbahn, die frische Luft aus dem Westen und Norden weiter in die Stadt strömen lässt. In fast windstillen Sommernächten kann sich die heiße Luft auch langsam in Richtung Norden aus der Stadt hinaus bewegen, angetrieben vom sogenannten „Alpinen Pumpen“. Dieser relativ kühle Luftstrom beginnt am nördlichen Alpenrand und wirkt bis in die Stadt München hinein (siehe auch DWD-Meldung von 2013).

Einen anschaulichen Eindruck von der Lage des Eggartens bekommen Sie auf Google Maps (Gelände-Ansicht). Klicken Sie ggf. hier direkt zum Gebiet (Google setzt ein Cookie).

Dass eine Frischluftschneise nicht dadurch bewahrt oder gar aufgewertet wird, dass man sie bebaut, versteht sich von selbst. Auch wenn sie nicht vollständig durch Baukörper verschmälert würde, würde eine Bebauung den Luftaustausch behindern. Im Fall einer Teilbebauung oder Randbebauung entlang der großen Straßen würden die Baukörper nicht nur die Bewohner vom Straßenlärm abriegeln, sondern auch den Eggarten von der Frischluftzufuhr aus dem Westen und Norden – die Kaltluftbahnen wären weitgehend blockiert.

Der Siegerentwurf des Wettbewerbs geht noch viel weiter. Sogar derjenige Teil des Eggartens, der darin als unbebauter Reststreifen eingezeichnet ist, würde an seinem südlichen Ende auf eine Schulturnhalle stoßen (siehe SZ-Bericht), was de die Durchlüftung noch weiter bremsen würde. Auch wenn hier noch etwas umgeplant wird: Mit einer Bebauung des Eggartens würde der Stadtrat den „Klimanotstand“ verschärfen, den er im Jahr 2021 selbst per Beschluss ausgerufen hatte.

Hinzu kommt: Eine Versiegelung durch Gebäude, Straßen und Wege würde die Kaltluftentstehung im Eggarten selbst massiv reduzieren. Das würde auch für den Fall gelten, dass sich auf den Dächern des so genannten Modellquartiers neben viel Photovoltaik und einigen Dachterrassen auch ein wenig sommerdürres Grün befinden sollte. (Vom Zustand der Dachbegrünung in Münchner Neubaugebieten bekommt man per Google Maps einen ersten Eindruck, wenn man die Satellitenansicht wählt.)

Lesetipp zum Stadtklima: Das baden-württembergische Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen in Baden-Württemberg hat eine „städtebauliche Klimafibel“ herausgegeben, die auch online abrufbar ist. Auch wenn nicht alles auf München übertragbar ist, so findet sich doch Interessantes, zum Beispiel über Kaltluftentstehung auf Wiesen, Feldern, Brachland und Gartenland mit niedriger Vegetationsdecke, auch im Unterschied zu geschlossenen Wäldern.

Zum Weiterlesen:
Das Bauvorhaben „Eggarten-Siedlung“: Ein Modellquartier in der Frischluftschneise? (Einführung)
Naturschutz im Eggarten (über Naturschutzrecht, Baumschutz, Feldgehölze, Fledermäuse …)

Stand: 31. März 2025