Kaltluftbahnen und Stadtklima

Der Eggarten liegt nicht nur in einer ökologisch bedeutenden Grünverbindung, sondern auch in einer Frischluftschneise oder Kaltluftbahn, die frische Luft aus dem Westen und Norden weiter in die Stadt strömen lässt. In fast windstillen Sommernächten kann sich die erhitzte Luft auch langsam nach aus der Stadt hinaus bewegen, angetrieben vom sogenannten „Alpinen Pumpen“. Diese relativ kühle Luftströmung beginnt am nördlichen Alpenrand und wirkt bis in die Stadt München hinein (siehe auch Meldung des Deutschen Wetterdienstes von 2013).

Einen ersten anschaulichen Eindruck von der Lage des Eggartens erhalten Sie auf Google Maps (Gelände-Ansicht). Klicken Sie ggf. hier direkt zum Gebiet (Google setzt ein Cookie).

Stadtklimaanalyse und Kaltluftleitbahnen

Die Stadt München hat im Jahr 2014 eine Stadtklimaanalyse erstellen lassen, die auch mehrere Übersichtskarten zum Stadtklima enthält. Die dunkelblauen Pfeile in den folgenden Kartenausschnitten zeigen Kaltluftleitbahnen („modelliertes Kaltluftströmungsfeld“), die grauen Dreiecke zeigen eine lokale Wirkung. Diese Screenshots (bitte größer klicken) zeigen Ausschnitte aus dem Karten-PDF zur Stadtklimaanalyse der Stadt auf muenchen.de:

Stadtklimaanalyse mit Kaltluftleitbahnen
Karte 10: Stadtklimaanalyse mit Kaltluftleitbahnen (blaue Pfeile u.a. zum Eggarten)
Ausschnitt aus der Bewertungskarte zur Stadtklimaanalyse
Karte 11: Stadtklimaanalyse mit bioklimatischer Bedeutung (in Grüntönen)

Die Stadtklimaanalyse stellt zur Reichweite einer Kaltluftströmung in bebauten Gebieten fest (siehe S. 43): „Die Eindringtiefe der Kaltluft beträgt, abhängig von der Bebauungsstruktur, zwischen ca. 100 m und bis zu 700 m. Darüber hinaus spielt auch die Hinderniswirkung des angrenzenden Bebauungstyps eine wesentliche Rolle. In den peripheren, vergleichsweise gering überbauten dörflichen Ortsteilen erfolgt häufig ein flächenhaftes Eindringen von Kaltluft in den Siedlungsraum. Mit Blick auf die gesamtstädtische Situation ist die bioklimatische Belastung bei einer Einzel- und Reihenhausbebauung mit einem vergleichsweise niedrigen Versiegelungsgrad und hohem Grünanteil am geringsten ausgeprägt.“

Früher forderten die Grünen eine Teilbebauung oder Randbebauung entlang der großen Straßen. Solche Baukörper würden nicht nur den inneren Bereich vom Straßenlärm abriegeln, sondern auch den Eggarten von der Frischluftzufuhr aus dem Westen und Norden. Die derzeit vom Planungsreferat vorangetriebene Bebauung nach dem Siegerentwurf des Wettbewerbs ginge noch viel weiter. Mit dieser Bebauung des Eggartens würde der Stadtrat den „Klimanotstand“ verschärfen, den er 2019 selbst per Beschluss ausgerufen hat.

Das heißt: Wenn das Bauvorhaben im Eggarten realisiert wird, geht es also darum, wie tief die Kaltluft aus den benachbarten Gebieten in die Eggarten-Siedlung eindringt. Die Zeiten der ungehinderten Kaltluftströmung, von der andere Siedlungen profitieren, wären vorbei.

Kaltluftentstehung auf Grün- und Freiflächen

Hinzu kommt: Die türkisgrünen Flächen im linken Kartenausschnitt zeigen die Kaltluftlieferung der Grün- und Freiflächen, zu denen auch der Eggarten gehört. Eine Versiegelung durch Gebäude, Straßen und Wege würde also die Kaltluftentstehung im Eggarten selbst massiv reduzieren. Das gilt auch für den Fall, dass auf den Dächern des so genannten Modellquartiers neben viel Photovoltaik und einigen Dachterrassen auch ein wenig mageres Grün entstehen sollte.

Einen ersten Eindruck vom typischen Zustand der Dachbegrünung in Münchner Neubaugebieten gewinnt man über Google Maps, wenn man die Satellitenansicht wählt: Es überwiegt bei weitem eine monotone, eher beigefarbene „Begrünung“ auf einer dünnen Substratschicht. Dabei handelt es sich meist um anspruchslose Mauerpfeffer-Arten der Gattung Sedum.

Lesetipp zum Stadtklima: Das Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen in Baden-Württemberg hat eine „städtebauliche Klimafibel“ herausgegeben, die auch online abrufbar ist. Auch wenn nicht alles auf München übertragbar ist, so finden sich doch wissenswerte Informationen, zum Beispiel über Kaltluftentstehung auf Wiesen, Äckern, Brachland und Gartenland mit niedriger Vegetationsdecke, auch im Vergleich mit geschlossenen Wäldern.

Zum Weiterlesen auf dieser Seite:
Das Bauvorhaben „Eggarten-Siedlung“: Ein Modellquartier in der Frischluftschneise? (Einführung)
Naturschutz im Eggarten (über Naturschutzrecht, Baumschutz, Feldgehölze, Fledermäuse …)
Wäre die „Eggarten-Siedlung“ wirklich klimaneutral? (Über CO2-Ausstoß, Holzbauweise, Lärmschutzwall, begrünte Dächer …)

Stand: 12. September 2025 (Zitat aus Stadtklimaanalyse eingefügt)